Lormen

Mittel zur Kommunikation von Taubblinden mit anderen Menschen
Das Lormen oder Lorm-Alphabet dient der Kommunikation von Taubblinden mit anderen nicht-taubblinden Menschen sowie von taubblinden Menschen untereinander. Der „Sprechende“ tastet dabei auf die Handinnenfläche des „Lesenden“. Dabei sind einzelnen Fingern sowie bestimmten Handpartien bestimmte Buchstaben zugeordnet.
Das Lorm-Alphabet wurde im 19. Jahrhundert von Hieronymus Lorm (Pseudonym des Schriftstellers Heinrich Landesmann) für den eigenen Gebrauch entwickelt, möglicherweise auf Grundlage eines ähnlichen Systems des englischen Philosophen George Dalgarno. Mutter, Frau und Tochter von H. Lorm beherrschten sein System und stellten ihm so die Verbindung zur Außenwelt her. Nach dem Tode Lorms 1902 drohte es jedoch in Vergessenheit zu geraten, da er nie Kontakt zu anderen Taubblinden gehabt hatte und immer bestrebt gewesen war, seine Art der Kommunikation geheim zu halten. H. v. Chlumecky, ebenfalls taubblind, übernahm jedoch nach Kontakten mit Lorms Tochter das Lorm-System und sorgte – auch gegen anfängliche Widerstände von Blinden- und Gehörlosenpädagogen – für Bekanntheit und Verbreitung. Diese Form der Verständigung öffnete so taubblinden Menschen ein Tor zur Außenwelt und befreite sie aus der Isolation. Sie setzte sich in Deutschland wegen ihrer leichten Erlernbarkeit und Effizienz durch.
Gelormt wird in die linke oder rechte Hand des Empfängers.
Die einzelnen Buchstaben werden auf den Fingern und der Handfläche mit Berührungen dargestellt. Gemäß dem vorgegebenen Lorm-Alphabet werden die jeweils betreffenden Punkte bzw. Orte der Handfläche mit dem Finger des „Senders“ angetippt oder überstrichen, für die F- und SCH-Laute die entsprechenden Finger gemeinsam umfasst. Ein Abstrich, ob kurz oder lang, läuft immer in der Richtung Fingerspitze-Handwurzel, ein Aufstrich entgegengesetzt.
Wortenden können durch einen leichten Schlag in die Handfläche signalisiert werden.
Eine Antwort „ja“ wird als doppelter Schlag in die Handfläche signalisiert.
Eine Antwort „nein“ wird mit zwei gegenläufigen Streichbewegungen in die Handfläche gegeben.
Irrungen oder Korrekturen werden mit einer Wischbewegung auf der Handfläche angezeigt.
Das Fragezeichen kann durch ein doppelt ausgeführtes ‚K‘ angezeigt werden.
Das Lorm-Alphabet als Verständigungsmittel für Taubblinde wird besonders im deutschsprachigen Raum, den Niederlanden und Tschechien angewendet.
Lormen ist für schriftsprachkompetente Menschen relativ leicht erlernbar, denn es muss nicht eine neue Sprache, sondern nur ein Sprachsystem erlernt werden. Daher ist es vielen Menschen, die zum ersten Mal auf das Lorm-System stoßen, möglich, nach kurzen Erläuterungen sofort (langsam) mit der taubblinden Person zu kommunizieren. Es stellt jedoch hohe kognitive Anforderungen und ist dadurch als Kommunikationssystem nicht für alle Personen mit Sinnesbehinderung geeignet. Vor allem für spät erblindete Gehörlose oder bei spät erworbener Taubblindheit wird es erfolgreich verwendet.Für die Kommunikation mit einer Gruppe von nicht sinnesbehinderten Menschen muss ein sprechender „Dolmetscher“ vorhanden sein, der das Lormen beherrscht. Die Muttersprache der Taubblinden ist meistens jedoch nicht das Lormen, sondern eine abgewandelte Form der Gebärdensprache, die taktile Gebärdensprache, bei der der Taubblinde die Gesten der Gebärdensprache mit den Händen abtastet.
Es existieren weitere Tastalphabete, so im englischen Sprachraum das Deafblind alphabet, eine Abwandlung des zweihändigen Fingeralphabets.