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TV-Tipp fürs Wochenende: Tatort aus Ludwigshafen thematisiert Hirnforschung

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Das Ermittler-Duo trifft auf einen Wissenschaftler, der bei der Heilung von gelähmten Menschen über Leichen geht. Von Wolfgang Jung
Veröffentlicht am 4. September 2019
Zum zweiten Mal in kurzer Zeit sammeln Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, Mitte) und Johanna Stern (Lisa Bitter, 1.v.l.) Spuren am Rhein. Diesmal hat der Fluss die Leiche der Ärztin Marie Anzell (Jana Voosen) angeschwemmt.
Zum zweiten Mal in kurzer Zeit sammeln Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, Mitte) und Johanna Stern (Lisa Bitter, 1.v.l.) Spuren am Rhein. Diesmal hat der Fluss die Leiche der Ärztin Marie Anzell (Jana Voosen) angeschwemmt. (Foto: Sabine Hackenberg/SWR/dpa)
Professor Bordauer hat einen gefährlichen Traum. Der Hirnforscher will Pädophile „umpolen“, Alzheimer heilen und Lahme wieder gehen lassen – mit Hilfe künstlicher Intelligenz und Hightech im Kopf. Er will Leben retten und geht dazu über Leichen. Was darf Medizin: Diese Frage ist in einer immer älter werdenden Gesellschaft hochaktuell. „Maleficius“ heißt der „Tatort“, der am Sonntag (8.9.)  um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird. Darin geraten die dienstälteste „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und ihr Team bei den Ermittlungen in eine unschöne neue Welt.
Ein verlassener Rollstuhl am Ludwigshafener Rheinufer deutet zunächst auf den Suizid eines Querschnittsgelähmten hin. Doch auf der Suche nach dem Verschwundenen gibt der Fluss eine andere Leiche frei: eine ermordete Ärztin, einst in Diensten von Bordauer. Sebastian Bezzel spielt den Forscher als lässiges Genie im T-Shirt und unterläuft damit die allgemeine Vorstellung, wie ein Wissenschaftler auszusehen hat. Doch Bordauer ist vielleicht weich im Ton, aber knallhart in der Sache. Menschlich ist an diesem Professor nur die Hülle. Es reicht nicht einmal zu einem Vornamen.
Inszenierung lebt von Kontrasten
„Die Klinik von Bordauer hat in ihrer Sterilität mehr von einer Fabrik für Computer-Chips als ein Krankenhaus für Menschen. In ihr herrscht das Hirn. Das Herz ist abhandengekommen“, sagt Regisseur Tom Bohn.
„Wir haben uns für dieses radikale Mittel entschieden, um zu verdeutlichen, wie unsere Welt aussehen kann, wenn wir sie ausschließlich der Forschung und dem unreflektierten Zukunftsglauben mancher unserer Zeitgenossen überlassen.“
Die Schauspieler sind es, die der gelegentlich vorhersehbaren Story mehr Eleganz geben. Folkerts agiert mit cooler Sonnenbrille mit runden Gläsern gewohnt routiniert. An ihrer Seite emanzipiert sich Mitarbeiterin Johanna Stern (Lisa Bitter) nach dem Abgang des kauzigen Ermittlers Mario Kopper (Andreas Hoppe). Heinz Hoenig als Krankenhauspfarrer und Dominique Chiout als Mitarbeiterin von Bordauer treiben die Handlung im richtigen Moment voran. Eine wunderbare Besetzung ist Gregor Bloéb als ironische Parodie einer Halbweltgröße, mit öligem Charme und haifischkaltem Blick.
Bloéb alias Ali Kaymaz betreibt eine Tuningwerkstatt, die Regisseur Bohn in „Maleficius“ als dramaturgisches Scharnier nutzt. Bordauer repariert Köpfe, Kaymaz Fahrzeuge. Oder, wie es Odenthal ausdrückt: 
„Der eine frisiert Autos, der andere Gehirne.“
Es ist ein scharfer Gegensatz – einerseits die kühle Maschinenwelt einer Klinik, andererseits die halbkriminelle Kumpelwelt der Autoschrauber.
Ein noch stärkerer Kontrast ist das Geschehen im Krankenhaus selbst. Das lateinische „maleficus“ bedeutet „bösartig“, bei den Brüdern Grimm war Malefiz eine Hexe. „Maleficus“ lässt sich auch als „gottlos“ übersetzen, und das ist in diesem „Tatort“ wohl mit dem abgewandelten „Maleficius“ gemeint.
Bordauer spielt Gott, überdeutlich vermischt Regisseur Bohn das Blut auf dem OP-Tisch mit dem Blut Jesu am Kreuz in der Klinikkapelle. Während Pfarrer Hoenig mehr Demut vor der Schöpfung einfordert,  spricht die Kommissarin von „Freaks, die am Übermenschen basteln“.
Film ist als Warnung zu verstehen
Stellenweise wagt dieser „Tatort“ viel. Wenn Folkerts versonnen zu Klaviermusik raunt „Sie wollen auch den letzten Zauber entzaubern“ und von „Autos ohne elektronischen Firlefanz“ schwärmt, wird das dem komplexen Thema künstliche Intelligenz aber schwer in Gänze gerecht.  Spektakulär ist ein Operationsroboter, der sich spinnenbeinig wie ein Insekt von der Decke herabsenkt (Szenenbild: Andreas C. Schmid).
Bohn versteht den Film auch als Warnung.
„Es ist eine Warnung davor,  dass gewisse Technologien, wenn sie verwandt werden, in die falschen Hände geraten können“,
sagt der Regisseur. „Das ist bei der Gentechnik so – und das ist ganz genauso bei der Hirnforschung.“
(RP/dpa)
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