Lydia läuft mit Puppe im Tragetuch und Blindenstock eine Straße entlang.

Ein Gastbeitrag von Lydia Zoubek Auf diesem Bild sieht man eine Frau die lacht. Sie hat dunkle gelockte Haare, die nach hinten zusammen gebunden sind. Zusätzlich trägt sie eine rot-orange getönte Sonnenbrille. Bekleidet ist sie mit einem grünen T-Shirt. Im Hintergrund sieht man das Meer und eine kleine Gruppe von Menschen, die im Meer bzw am Strand sich bewegen.
Lydia läuft mit Puppe im Tragetuch und Blindenstock eine Straße entlang.
Die Gruppe behinderter Eltern ist relativ klein. Und die von uns Eltern mit einer Sehbehinderung noch kleiner. Daher bleibt es nicht aus, dass Fragen aufkommen, die nur wir beantworten können. Und eben das möchte ich tun. Und um ein Ergebnis zu erhalten, das nicht nur meine Ansichten repräsentiert, habe ich auf meiner Facebookseite eine entsprechende Anfrage an mitlesende Eltern mit Sehbehinderung gestartet. Die Teilnehmer konnten öffentlich antworten, oder mich privat anschreiben. Aus diesem Fragenkatalog habe ich mir die meist gestellten Fragen ausgesucht. An oberster Stelle steht die Frage „Aber Ihr Partner sieht doch?“ Das kann sein, muss es aber nicht. Blinde Eltern gibt es sowohl mit als auch ohne sehenden Partner. Und es gibt sie ebenso auch allein erziehend. Wer also einen sehenden Partner als die Voraussetzung für ein funktionierendes Familienleben sieht, der wird hier enttäuscht werden.
„Haben die Kinder Deine Blindheit geerbt?“ Es gibt viele unterschiedliche Augenerkrankungen. Die wenigsten davon sind erblich. Blinde Eltern mit Kinderwunsch haben heute eine Reihe an Möglichkeiten das feststellen zu lassen.
„Bist Du so richtig blind?“ Diese Frage wird gern durch ein mitleidheischendes „Dann hast Du Deine Kinder also noch nie gesehen?“ begleitet. Wer gesetzlich blind ist, muss nicht vollblind sein. Blinde Menschen, die wirklich gar nichts mehr sehen, machen nur vier Prozent aller Blinden aus. Ich habe es nicht vermisst, dass ich meine Kinder nicht vollständig sehen kann. Ich finde, dass sehen hier einfach überbewertet wird. Denn wir Menschen haben nicht nur optische Eigenschaften.
„Hast Du eine Betreuerin bzw. eine Haushaltshilfe?“ Nein, habe ich nicht. Eine Sehbehinderung ist kein Grund für eine gesetzliche Betreuung. Es gibt blinde Eltern, die eine Haushaltshilfe beschäftigen, andere wiederum nicht. Hier sind die Bedürfnisse unterschiedlich wie bei normal sehenden Personen.
„Die Kinder helfen bestimmt ganz viel.“ Kopfkino: Das Grundschulkind, welches vor dem Schulbesuch den Eltern das Frühstück bereitet, nach der Schule das Mittagessen kocht, den Einkauf erledigt und mit den Eltern spazieren geht. Am Wochenende erledigt es die Wäsche und putzt die Wohnung durch. Leute, Kinder blinder Eltern sind in erster Linie Kinder, und nicht dazu da die Sehbehinderung der Eltern zu kompensieren. Wenn Eltern also regelmäßige Hilfe brauchen, dann organisieren sie sich diese durch Assistenz, Haushaltshilfe oder aus dem sozialen Umfeld.
„Wie machst Du das mit den Hausaufgaben?“ Es gibt Kinder, die alleine klarkommen, Eltern, die noch ausreichend sehen, um den Kindern zu helfen und Schulen mit angeschlossener Hausaufgabenbetreuung. Ich habe eine Assistenz beschäftigt, deren Aufgabe es war mit den Kindern lesen zu üben und auf das Schriftbild zu achten. Das war die für uns richtige Lösung.
„Ihr könnt ja dann kein Auto fahren. Könnt Ihr dann überhaupt Ausflüge machen?“ Meine Kinder und ich waren viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Es gab einige Ziele, bei der ich mir eine sehende Begleitung mitgenommen habe. Dazu gehörten Kirmes oder Schwimmbad, denn bei der Geräuschkulisse habe ich mir die Beaufsichtigung erst alleine zugetraut, als die Kinder älter waren. Eine gute Alternative waren Verabredungen mit anderen Familien.
„Dürfen andere Kinder Euch besuchen?“ Von uns aus sprach nie etwas dagegen. Es gibt Eltern, die ihre Kinder vorbehaltlos zu uns lassen, und Andere, die uns erst mal kennenlernen möchten. Und da es mir ähnlich ging, erledigte sich das dann von selbst.
„Wie können Eure Kinder Freunde besuchen?“ Verabredungen nach Kita oder Schule sind einfach. Mein Kind geht mit dem anderen Kind mit, und ich hole es zur vereinbarten Uhrzeit ab. Entweder kenne ich den Weg, und finde ihn alleine, oder ich nehme mir ein Taxi. Eine weitere Alternative ist eine gute Wegbeschreibung. Es gibt aber auch nette Eltern, die mir anbieten mein Kind zu bringen. Das ist immer situationsabhängig.
„Kriegt Ihr Essen auf Rädern, oder habt ihr euch schon mal den Magen verdorben?“ Fragen wie diese machen mich einfach nur fassungslos. Der Fragesteller geht davon aus, dass blinde Menschen weder kochen noch verdorbene Lebensmittel erkennen können. In So prüfe ich wie gut meine Lebensmittel sind beschreibe ich wie man das auch ohne sehen feststellt.
Blinde Eltern haben eine Schwangerschaft lang Zeit sich auf die Ankunft ihres Kindes vorzubereiten. Dazu gehört auch, dass man sich Rat im Umgang mit dem Baby holt, sich ggf. Hilfe organisiert und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen trifft. Fragen wie „War das jetzt ein Unfall“ kann dabei kein werdendes Elternteil gebrauchen. Genauso wenig wie Menschen, die einem zum Schwangerschaftsabbruch oder Pflegefamilie raten. Wertschätzung oder Unterstützung sehen anders aus.
Blinde Eltern sind nicht die einzige Gruppe, die mit Vorurteilen kämpft. Mich hat Victoria durch ihren Beitrag Verheiratet mit einem Moslem und die schlimmsten Vorurteile zu diesem Beitrag inspiriert. Sollte ich jemanden von Euch zu einem ähnlichen Beitrag inspirieren, dann freue ich mich über den entsprechenden Link in den Kommentaren.
Auf lydiaswelt schreibe ich für sehende Personen verständlich über meinen Alltag als blinde Mutter mit sehenden Kindern. Ich beantworte Fragen, die sich um meinen Alltag und meine Herkunft aus Jordanien drehen. Und so findet Ihr mich:
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