Vor 85 Jahren: Das brutalste Spiel der Geschichte

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Vor 85 Jahren: Das brutalste Spiel der Geschichte

Das legendäre Duell zwischen England und Weltmeister Italien im Londoner
Highbury Stadium am 14. November 1934 galt als das „echte“ WM-Finale dieses
Jahres – und ging als eins der brutalsten Spiele überhaupt in die
Geschichte des Fußballs ein.

Im Vorfeld der Partie gaben sich die englischen Medien großspurig. „England
sollte gewinnen und zwar deutlich“, schrieb der „Daily Express“ und der
„Daily Mirror“ tönte: „Ein Sieg mit zehn Toren Unterschied sollte das Ziel
sein.“
Das Mutterland des Fußballs stellte nach eigenem Selbstverständnis zu dieser
Zeit das beste Team der Welt. Die Endrunde in Italien wenige Monate zuvor
hatten die Engländer allerdings boykottiert.
Das Duell mit dem Titelträger wurde auf der Insel deswegen als das wahre
Finale um die globale Fußballvorherrschaft angesehen.

Knapper Sieg für England

Weil auch Italiens Diktator Benito Mussolini seine Spieler im Vorfeld
ordentlich heiß gemacht und zu Botschaftern des Faschismus ernannt hatte,
war von Anfang an Feuer in der Partie.

Bereits in der zehnten Minute brach sich Italiens Mittelfeldmann Luis Monti
in einem Zweikampf den Fuß. Seine Mannschaft musste in Unterzahl
weiterspielen.

Und zunächst schienen Englands Zeitungen mit ihren Vorhersagen Recht zu
behalten: Nach nicht einmal einer Viertelstunde führten die Gastgeber
bereits mit 3:0.

Doch die Italiener gingen nun immer mehr an die Grenzen des Erlaubten – und
häufig auch darüber hinaus. Damit kauften die „Löwen von London“, wie die
Mannschaft in der Heimat genannt wurde, den unerfahrenen Gastgebern – bei
denen kein Spieler mehr als zehn Länderspiele vorzuweisen hatte – den
Schneid ab.

Nach einem Doppelschlag von Torjäger Guiseppe Meazza in der 59. und 62.
Minute schnupperten die Gäste noch am Unentschieden. Es blieb jedoch beim
knappen 3:2-Erfolg für England.

„Kein Fußballspiel, sondern eine Schlacht“

Die Three Lions mussten ihren Sieg allerdings teuer bezahlen. Kaum ein
Spieler war verschont geblieben: Kapitän Hapgood hatte einen Nasenbeinbruch
erlitten, Bowden sich den Knöchel verstaucht. Brooks Arm war gebrochen und
eins von Drakes Beinen, laut einem englischen Offiziellen, „fast bis auf den
Knochen eingeschnitten“. Auch Barker und Copping waren an verschiedenenen
Körperteilen dick bandagiert.

Der damals erst 19-jährige Stan Matthews blieb in seinem dritten Einsatz im
Nationaltrikot zwar selbst unverletzt, erinnerte sich später aber immer mit
Schrecken an eine der härtesten Partien seiner langen Karriere zurück.
„Das war kein Fußballspiel, sondern eine Schlacht“, zitierte der „Guardian“
einen nicht genannten Nationalspieler. Eine andere Zeitung unterschrieb
ihren Spielbericht mit der Zeile „von unserem Kriegskorrespondenten“. Der
Mythos von der „Schlacht von Highbury“ war geboren.

Englischer vs. kontinentaler Fußball

Die Eindrücke des Spiels führten in England zu einer Grundsatzdiskussion
über sportliche Vergleiche mit Mannschaften vom europäischen Kontinent.

Nicht nur die knüppelharte Gangart der Squadra Azzurra auf dem Platz mit
vielen verstecken Fouls und Nickligkeiten stieß den Erfindern des modernen
Fußballs sauer auf.

Empört reagierten sie auch auf die politische Instrumentalisierung der
Partie durch das italienische Regime, gipfelnd im faschistischen Gruß der
Spieler in Richtung Tribüne nach Spielende.

„Nie wieder soll England gegen ein Team vom Kontinent antreten“, forderte
Clem Stephenson, Manager des Erstligisten Huddersfield Town und fand damit
breite Zustimmung in der britischen Medienlandschaft.
Tatsächlich dauerte es aber nur ein halbes Jahr, bis eine englische Auswahl
wieder gegen einen Gegner von der anderen Seite des Kanals antrat. Im Mai
1935 reisten die Fußballer von der Insel in die Niederlande.

Tobias Knoop

Quelle: www.sport.de