„Ein Mensch mit Behinderung hat es brutal schwer im Winter“

Der thüringische Landesbehindertenbeauftragte Leibinger sieht auch Kommunen in der Pflicht.
Veröffentlicht am 2. Dezember 2019
Rollstuhlfahrer auf verschneitem Bürgersteig
(Foto: Shutterstock)
Wenn Gehwege im Winter mit Schnee zugeschoben werden, ist das ärgerlich für Fußgänger. Ein großes Hindernis ist es für Blinde oder Menschen im Rollstuhl, kritisiert Thüringens Behindertenbeauftragter.
Der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Leibiger fordert beim Schneeräumen im Winter mehr Rücksicht auf Menschen mit Handicap. „Ein Mensch mit Behinderung hat es brutal schwer im Winter“, sagte Leibiger der Deutschen Presse-Agentur. So würden zwar die Straßen vom Winterdienst in der Regel von Eis und Schnee geräumt. Häufig lande der Schnee dann aber auf dem Gehweg.
„Jemand, der im Rollstuhl sitzt, hat dann oft keine Chance mehr, diesen Gehweg zu benutzen.“
Auch Blinde benötigten etwa Bordsteinkanten zur Orientierung. Im Winter seien diese aber häufig zugeschüttet. „Da habe ich dann Null-Orientierung“, so Leibiger, der seit seiner Geburt sehbehindert ist und im Jahr 2000 vollblind wurde. Am Dienstag (3. Dezember) wird der internationale Tag der Menschen mit Behinderung begangen.
Sowohl Grundstückseigentümer als auch Kommunen müssten sich dieser Probleme beim Räumen von Schnee und Eis bewusst sein, sagte der Beauftragte. Zwar sei die Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren sensibler geworden. „Das hat sich zum Positiven entwickelt.“ Es bleibe aber noch immer viel zu tun.
Problematisch ist die Situation nach Leibigers Einschätzung vor allem außerhalb der Zentren größerer Städte. Dort würden sogenannte Aufmerksamkeitsfelder an Bus- und Straßenbahnhaltestellen, die Blinden bei der Orientierung helfen, oft schnee- und eisfrei gehalten. In den Randgebieten der Kommunen sei dies aber häufig nicht mehr so, erst recht nicht im ländlichen Raum. Eine Rolle spiele dabei auch die Personalfluktuation bei den Kommunen oder den mit dem Winterdienst beauftragten Unternehmen. Es sei sinnvoll, das wechselnde Personal zu besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung zu schulen.
Leibiger erneuerte seine Forderung nach einer Landesfachstelle für Barrierefreiheit. Nur so sei es möglich, im großen Maßstab dafür zu sorgen, dass öffentliche Einrichtung und Plätze für Menschen mit Behinderung zugänglicher würden als bislang. Für diese Aufgabe sei zusätzliches Personal notwendig.
(RP/dpa)
rollingplanet.net