VAR-Revolution: Regelhüter beschließen Neuausrichtung

Die Fußball-Regelhüter des IFAB wollen eine Neu-Ausrichtung des
Videobeweises bei hauchdünnen Abseits-Entscheidungen. Ob das die Gemüter in
der hitzigen Debatte beruhigt, erscheint fraglich.

Jürgen Klopp hatte gemeckert, Pep Guardiola war stocksauer, die betroffenen
Profis fielen vom Glauben ab – doch im neuen Jahr soll beim Videobeweis
alles besser werden. Der Aufschrei der Stars aus der englischen Premier
League hat für eine Neu-Ausrichtung gesorgt, die in der Fußball-Bundesliga
kaum noch jemand für möglich gehalten hat. Laut der Regelhüter des
International Football Association Boards (IFAB) muss der Kölner Keller bei
hauchdünnen Abseits-Entscheidungen künftig schweigen.

„Beim Videobeweis gehen einige Dinge in eine Richtung, die wir wohl neu
justieren müssen“, sagte IFAB-Generalsekretär Lukas Brud mit Blick auf die
jährliche Zusammenkunft des Gremiums am 29. Februar in Nordirland der „BBC“:
„Wenn man mehrere Minuten braucht, um herauszufinden, ob es Abseits war oder
nicht, dann ist das Ganze nicht eindeutig und offensichtlich – dann sollte
die ursprüngliche Entscheidung Bestand haben.“

Viele Aktive sprechen sich gegen Videobeweis aus
Zentimeter-Entscheidungen bei Abseits-Situationen, die selbst durch den
Einsatz der kalibrierten Linien nicht immer zweifelsfrei aufzuklären waren,
hatten während der Hinrunde der laufenden Bundesliga-Saison immer wieder für
heftige Diskussionen gesorgt. Kurioses „Opfer“ war dabei besonders
Ex-Nationalspieler Mario Gomez. Dem Stuttgarter waren binnen drei Spielen
fünf (!) Treffer aberkannt worden. Frustriert sprach Gomez von einem
„Wahnsinn“. Er sei sogar froh, „nicht mehr fünf Jahre“ zu spielen.

Dass das Rad zurückgedreht werden würde, hatte dennoch kaum jemand für
möglichen gehalten. „Ich sehne mich nach der Zeit vor dem Videobeweis“,
hatte Sportgeschäftsführer Rudi Völler von Bayer Leverkusen nach dem letzten
Spieltag vor Weihnachten gesagt: „Aber es ist wie bei vielen Dingen: Wenn
man sie mal hat, kriegt man sie nicht mehr los.“

„In der Theorie ist ein Millimeter Abseits zwar Abseits, aber …“
Abschaffen will Brud den Videobeweis zwar nicht, aber das Eingreifen des
Video-Assistenten bei minimalen Abseitsstellungen soll es nicht mehr geben.
Anlass für die IFAB-Überlegungen waren gleich fünf Entscheidungen an einem
Spieltag der Premier League kurz vor dem Jahreswechsel, die die Gemüter auf
der Insel erhitzt hatten.

„In der Theorie ist ein Millimeter Abseits zwar Abseits“, erklärte Brud:
„Aber wenn die Entscheidung auf dem Platz getroffen wurde, dass ein Spieler
nicht im Abseits war – und der Video-Assistent braucht fünf bis zwölf
Kamera-Einstellungen, um etwas anderes zu beweisen, dann sollte die
getroffene Entscheidung nicht geändert werden.“

„Beobachten Entwicklungen, die nicht so sind wie sie sein sollten“
Damit legt Brud den Video-Assistenten ans Herz, nicht ganz genau hinzusehen.
Diese Herangehensweise ist den Schiedsrichtern allerdings nicht unbedingt
auf den Leib geschrieben. Zudem beinhaltet der Ansatz die Probleme des
Ermessensspielraums und der Auslegung, die schon beim Handspiel für eine
Debatte nach der anderen sorgen.

Dennoch wird das Motto „weniger ist mehr“ von Brud präferiert. „Das Problem
ist, dass die Leute versuchen, zu gründlich zu sein. Aber wir wollen keine
‚besseren Entscheidungen‘, wir wollen ’nur‘ die klaren und offensichtlichen
Fehler ausmerzen“, äußerte der Funktionär: „Das müssen wir deutlich
klarstellen. Wir werden allen Wettbewerben, bei denen der Videobeweis zum
Einsatz kommt, in den kommenden Wochen Updates schicken – denn wir
beobachten einige Entwicklungen, die nicht so sind wie sie sein sollten.“

Quelle: Sport.de