Von: Dana Hawkins
Wenn man das Wort Glasauge hört, denkt man wahrscheinlich an Horrorfilme, in denen riesige Glas-Augäpfel in Ladenschaufenstern stehen. Aber: So ist es nicht. Glasaugen sind eher Kontaktlinsen, keine echten zum Sehen, von der form her aber vergleichbar. Ich nehme Ihnen in diesem Beitrag die Angst vor solchen künstlerischen Produkten.
Was genau ist ein Glasauge?
Glasauge sagte man früher, als die Prothese 100 Jahre vor unserer zeit entwickelt wurde. Heute nennt man sie Augenprothese. Sogar hier in Deutschland, im schönen Thüringer Wald, wurde die erste Prothese entwickelt. Lauscha heißt der Ort. Ein Glasmacherörtchen, in dem Ludwig Müller-Uri lebte und Tieraugen herstellte. Besucher fanden die Tieraugen für Puppen und Teddies so real, dass Augenärzte dieser Zeit sich Gedanken über humane Kunstaugen machten. Müller-Uri tüftelte jahrelang, bis er endlich die richtige Mischung fand: Sogenanntes Kryolithglas, Glas, versetzt mit einem weißen Mineral, aus Grönland. Kryolithglas wird in der Farbhütte Lauscha hergestellt, noch heute in Handarbeit. Die Röhren, aus denen die Prothesen produziert werden – wie, hören wir später – werden gezogen. Heißt: Der Glasmacher formt die Rohre und es entstehen mehrere Meter Augenglasrohr.
Nun zur Prothese: Wie entsteht sie? Und wozu brauche ich so eine Prothese?
Es gibt viele Gründe, die entweder eine Einwandprothese oder ein Doppelwandauge notwendig machen. Zunächst zum doppelwandauge. Wenn jemand das echte Auge verliert – sei es Krebs, ein Unfall oder etwas Anderes – dann kommt zunächst ein Implantat in die Augenhöhle. Die Augenmuskulatur wird bei der OP an das Implantat angenäht. Danach erhält der Patient eine sogenannte Lochprothese, den Konformer. Dieser dient dazu, Wundflüssigkeit ablaufen zu lassen und Medikamente in das betroffene Auge einzubringen und er fördert die schnellere heilung der Augenhöhle. Der Konformer ist meist einwandig. Was das bedeutet, werden wir später erfahren. Der Konformer ist – wie ich bereits erwähnt habe – eine Lochprothese, was bedeutet, dass in der Mitte keine Iris, sondern ein Loch ist. Augenprothesen werden auch dazu verwendet, um die Augenhöhle vor Schrumpfung zu bewahren. Wenn keine Augenprothese eingesetzt wird, kann es passieren, dass die betroffene Gesichtshälfte einfällt und nicht mehr kosmetisch symmetrisch aussieht. Mit der Augenprothese wird der Verlust des Auges ausgeglichen und daher auch die Gesichtssymmetrie wiederhergestellt.
Dann, zwei Wochen nach der OP, kommt der erste Termin beim Ocularisten. Wer ist denn das? Ein Ocularist ist der Produzent der Augenprothese. Zunächst fertigt er ein provisorisches Auge an, dass die Augenhöhle weiter abschwellen kann. Es sieht schon fast so aus wie ein typisches kunstauge. Nach 6 bis 8 Wochen kommt die echte Augenprothese. Der Ocularist wird den Patienten zunächst gründlich untersuchen, um die Augenhöhle zu beurteilen. Dann setzt er in der Regel Modellprothesen, natürlich vorher desinfiziert, in die Höhle. Die Modellprothesen werden bei mehreren Patienten verwendet, sodass natürlich höchste Sterilität herrschen sollte. So bestimmt er Form und Farbe, da die Prothese dem gesunden Auge täuschend ähneln soll. Wenn er die richtigen Farben gefunden hat, fängt er an, die Prothese zu fertigen.
Der Entstehungsprozess
– Eine Glasröhre wird zu einer Kugel aufgeblasen, mithilfe eines Bunsenbrenners.
– Farbgläser werden nun aufgeschmolzen, um die Iris nachzuzeichnen.
– Pupille, aderung und Augenweiß werden ebenfalls gezeichnet.
– Die Form der Prothese wird nun bearbeitet. Ein Metallstab, an der Spitze erhitzt, wird verwendet, um die Form der Prothese herauszuschälen. Der Metallstab wird Schälnadel genannt.
Der Ocularist bringt die Schälnadel und das Glas durch die Erhitzung zusammen, Glas und Metall bleiben aneinander kleben.
– Dann wird die Prothese vom Röhrchen, an dem der Ocularist erstens die Kugel geblasen und zweitens die Prothese ins Feuer gehalten hat, abgetrennt.
– Anschließend wird das Auge abgekühlt, in einem lauwarmen Ofen, 100 Grad warm.
– Die Prothese wird während des Kühlungsprozesses in ein Paraffinöl getaucht. Das Paraffinöl wird verwendet, um die Beständigkeit des Glases gegenüber der Tränenflüssigkeit zu erhöhen.
Das war alles. Der Patient hat dann die Prothese.
So entsteht zumindest die Einwand-Prothese. Beim Doppelwandauge wird die untere Hälfte der Kugel in die obere Hälfte gezogen, damit zwei Wände entstehen. Doppelwandaugen finden verwendung, wenn die Augenhöhle des patienten größer ist.
Nun abschließend zu den beiden Prothesentypen.
Einwandige Prothesen werden verwendet, um Augen zu umkleiden, die geschrumpft sind. Aber auch der Konformer, von dem wir bereits hörten, ist einwandig. Das bedeutet, dass das Auge nur aus einer dünnen Glasschale besteht. Bei mir werden beide Augen umkleidet. Das Linke ist schwerer betroffen. Mein linkes Auge ist nur so groß wie mein kleiner finger an der Fingerkuppe. Diese Krankheit hat den Namen Mikroophthalmus.
Doppelwandige Augenprothesen werden verwendet, um das Implantat nach einer Augenentfernung abzudecken und dem Patienten ein identisch wirkendes kunstauge zu geben. Es wird verwendet, wenn die Augenhöhle größer ist. Wie schon der Name sagt, besteht das Doppelwandauge aus zwei Schalen, die in eine Schale eingebunden sind. Eine Schale aus zwei Wänden. Ich habe mal ein Glasauge mit Doppelwand gesehen, es ist dicker als die einwandige Prothese. Durch das Annähen der Augenmuskulatur kann sich das Kunstauge mitbewegen. Für unbekannte Mitgenossen sieht es so aus, als hätte der Betroffene kein Glasauge. Aber einen Unterschied gibt es schon: Bei Lichteinstrahlung bewegt sich die Kunstpupille nicht. Aber wer schaut schon nach einer Pupille, wenn er kein Augenarzt ist? Wohl niemand.
Wie setzt man das Glasauge ein und nimmt es wieder heraus?
Einsetzen:
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Hände gründlichst waschen.
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Prothese mit Wasser anfeuchten.
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Die meisten Prothesen besitzen einen geraden Teil und zwei Ausbuchtungen. Der gerade Teil sollte nach unten zeigen, die Kante zwischen beiden Ausbuchtungen zeigt nach oben. Einige Anfertigungen entsprechen jedoch nicht dieser Beschreibung. Bitte sprechen Sie Ihren Prothetiker darauf an, wenn Ihre Prothese anders gefertigt wurde als hier beschrieben.
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Kunstauge unter das Oberlid schieben, bis zum Anschlag.
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Prothese in dieser Position festhalten.
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Unterlid herunterziehen, Prothese mit dem Finger leicht ins Auge drücken.
Herausnehmen:
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Unterlid herunterziehen, Prothese durch leichten Druck auf das Lid herausnehmen. In manchen Fällen ist es jedoch auch empfehlenswert, einen Saugnapf mit Stiehl zu verwenden. Bitte sprechen Sie in Sonderfällen Ihren Prothetiker darauf an.
Sport und Freizeit
Mit einem Glasauge kann jede Sportart und jede Freizeitaktivität getrieben werden, man sollte jedoch auf folgendes achten:
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Beim Tauchen sollte man am Besten die Prothese entfernen, das Glas könnte implodieren, wegen dem Wasserdruck.
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Beim Schwimmen sollte eine Schwimmbrille getragen werden, da das Wasser die Prothese herausspülen könnte.
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Reiter sollten ebenfalls Schutzmaßnahmen treffen, um Verletzungen durch Äste zu vermeiden.
Arbeiten mit Augenprothese
Nicht nur die Tränenflüssigkeit sorgt für die Abnutzung der Glasoberfläche, auch Stäube vom Arbeitsplatz können zum schnelleren Aufrauen des Glases beitragen und somit eine Neuanfertigung innerhalb eines Jahres herbeiführen. Wer in einem handwerklichen Beruf arbeitet oder chemischen Stäuben im Labor ausgesetzt ist, sollte eine Schutzbrille tragen, um das künstliche Auge vor Abnutzung zu schützen. Bei allen anderen Arbeitsplätzen, an denen keine Staubbelastung herrscht, ist das Tragen einer Schutzbrille nicht nötig. Die Tränenflüssigkeit ist der Hauptfaktor zur jährlichen Neuanfertigung: Sie trübt das Glas und es wird rauer. Augenentzündungen mit Rötung und schmerzen oder gelblich-weiße, ölige, schleimige Absonderungen können erste Anzeichen für abgetragene Augenprothesen sein. Dann sollte man einen Augenarzt aufsuchen und ein Rezept ausstellen lassen und dann zum Ocularisten gehen und ein neues Kunstauge anfertigen lassen.
Reinigung der Augenprothese
Man sollte die Glasprothese mindestens einmal täglich mit lauwarmen Wasser reinigen. Niemals spitze oder harte Gegenstände verwenden, auch keine ätzenden oder alkoholischen Substanzen, nur lauwarmes Wasser. Nach der Reinigung die Prothese abtrocknen und anschließend trocken aufbewahren.
Mein Glasauge ist zerbrochen
Keine Angst, das passiert. In solch einem Fall bitte den Augenarzt benachrichtigen, ein neues Rezept ausstellen lassen und dieses zum Ocularisten bringen. Dieser fertigt eine neue Prothese an. Bitte die Bruchscherben aufbewahren, da diese zur Rekonstruktion der Prothese genutzt werden. Die Scherben dienen als Vorlage. Eine zerbrochene Prothese kann nicht repariert werden.
Tragedauer der Augenprothese
Glasprothesen sollten einmal jährlich erneuert werden, es sei denn, man hat einen Defekt verursacht oder Schmerzen. Bei Kindern sollten zwei bis drei Augenprothesen pro Jahr angefertigt werden, da sie durch das Wachstum Veränderungen in der Augenhöhle durchmachen.
Ich hatte zum Beispiel in den Herbstferien 2019 Schmerzen aufgrund von Veränderungen der Augenhöhle. Da hatte ich Prothesen
erhalten, die mir wehtaten und drückten. Seit meinen beiden Besuchen bei Martin Klett Augenprothetik Stuttgart geht es mir einwandfrei. Meine vorherigen Prothesen wiesen Kanten auf, die mir nicht gutgetan haben. Außerdem war das rechte künstliche Auge zu groß, weshalb es mir wehtat. Einen Dank nochmals an Dich, Martin, dass du mir wirklich gut sitzende Augenprothesen geblasen hast! Danke auch für die vielen, nützlichen Infos, die Du mir zur Verfügung gestellt hast!
Alternative zu Glas
Falls ein Patient – das passiert aber wirklich selten – allergisch auf Glas reagieren sollte, wird eine Kunststoffprothese angefertigt. Da die Herstellung dieser Plastikaugen zeitaufwendiger ist – Pressen, schmelzen, schleifen usw. ist ein Kunststoffauge teurer als Glas. Die Herstellung eines Glasauges ist höchstens nach einer Stunde vollendet, bei Kunststoffaugen müssen drei Termine vereinbart werden. Man sieht also: Glas rentiert sich aus mehreren Gründen. Der Tränenfilm ist wegen der glatten Oberfläche gleichmäßiger, die Herstellung nimmt weniger Zeit in Anspruch und es ist dadurch auch nicht so teuer. Zwischen 300 und 500€ kostet ein Auge aus Glas. Außer 10€ Zuzahlung pro Auge übernimmt es die Krankenkasse.
Trockene Kunstaugen
Manchmal passiert es, dass die Augen trocken werden und anfangen, zu tränen. Gegen die Trockenheit kann man entweder dickflüssiges, steriles Paraffin oder
Corneregel aus der Apotheke verwenden. Ich verwende tatsächlich Paraffin. Es befeuchtet die Augenhöhle und macht daher das Tragen des Kunstauges angenehmer.
Beide Mittel können rezeptfrei gekauft werden. Dadurch, dass die Augen trockener werden, versucht das Auge durch vermehrte Tränenabsonderung Schädigungen
durch die Austrocknung zu vermeiden. Wenn nun Paraffin oder das Corneregel auf die Prothese, während sie noch im Auge sitzt, geträufelt wird, entsteht
ein feuchter Film auf der Prothese. So bleibt die Höhle feucht und es müssen nicht ständig Tränenersatzpräperate getropft werden, die dann nur kurzfristig
Linderung bringen.
Vor- und Nachteile von Glas und Kunststoff
Glasprothesen werden feuerpoliert. Das kann man mit Karamell vergleichen. Zucker wird flüssig bei Hitze und nachher bei der Abkühlung wieder fest und glatt.
Bei Glas läuft das ebenso ab. Durch die Feuerpolitur kann das Glas so glatt geschmolzen werden, dass keine Reizungen entstehen sollten. Es sind keine Allergien
auf Glas bekannt. Kunststoff hingegen wird geschliffen, poliert, gefeilt und gefräst. Dadurch können Kratzer entstehen, die die Augenhöhle reizen können.
Es gab allergische Reaktionen gegen Kunststoff. Glas wird über dem Gasbrenner innerhalb einer oder zwei Stunden zur Prothese, Kunststoff braucht länger,
der Patient besucht mindestens dreimal den Prothetiker. Kunststoffprothesen werden nach Abdruck gefertigt. All das ist zeitaufwendig. Glasprothesen sind
durch ihre äußerst benetzbare Oberfläche resistenter gegen die Tränenflüssigkeit, es bildet sich ein Gleitfilm. Kunststoff weist Wasser ab, es bilden sich
Tropfen. Die Prothese wird trockener, es kann sein, dass die Kunststoffprothese schneller aufrauht. Kunststoff kann alle zwei Jahre nachpoliert werden,
glas nicht. Glas ist zerbrechlich, Kunststoff nicht.
Quellen:
Martin Klett Augenprothetik, Stuttgart
Bildquelle:
Martin Klett Augenprothetik, Stuttgart
www.kunstaugen-stuttgart.de
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Dana Hawkins
Martin Klett augenprothetik