Akzeptanz unter Menschen mit Handicap

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Vor kurzem hatten wir bei Cap4free mal wieder ziemliche Probleme, die wir ja eigentlich leider häufiger haben, weil sich die verschiedenen Netzwerke, in denen sich Menschen mit Behinderung – vor allem auch Blinde und Sehbehinderte – organisiert haben, leider in starker Konkurrenz und in ständigem Krieg miteinander befinden. Durch die neueste Aktion vergangene Woche bin ich sehr nachdenklich geworden.
Warum sind manche so böse und gönnen den anderen nicht mal irgendwas?
Warum wird jeder kleine Tippfehler von manchen Menschen schamlos verspottet?
Warum gibt es noch nicht mal unter uns Menschen mit Handicap immer Toleranz gegenüber Schwächeren, Hass und Vorurteile, obwohl wir doch alle eigentlich im gleichen Boot sitzen?
Ich finde es so schade, dass manche Menschen mit verschiedensten Handicaps offensichtlich nichts anderes zu tun haben, als über andere Menschen mit Behinderung zu lachen. Das klingt drastisch, für den ein oder anderen vielleicht übertrieben. Genau das ist für mich aber absolut unverständlich. Man wird doch schon oft genug von Nichtbehinderten aufgrund der Behinderung ausgegrenzt oder Ähnliches, warum kann man selbst dann anderen nicht die Offenheit und Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdienen? Wie kann man solche Menschen zerstören und sie aus der Gesellschaft versuchen ins Aus zu manövrieren? Ihre ganze Kraft, die sie für sich selbst und für andere Menschen noch aufbringen, nicht sehen, sondern im Extremfall das, was sie mit ihrer Kraft bewirkt haben, rücksichtslos zerstören?
Ich will nicht sagen, dass es Menschen gibt, die keine Fehler machen. Jeder macht Fehler und leider passiert es oft auch unbewusst und viel zu schnell, dass man jemanden beleidigt oder ärgert. Jeder Mensch ist eben anders. Ich will auch nicht sagen, dass alle Menschen so sind wie beschrieben. In der Mehrzahl der Gruppierungen von z. B. Blinden, beispielsweise in den Blindenvereinen, kann das auch super funktionieren. Und man muss auch nicht alles gutheißen. Aber man kann doch sagen: „Ich finde das, wie Ihr das macht, nicht so gut, weil…“, oder „In Deinem Text sind noch diese und jene Tippfehler drin, vielleicht kannst Du die noch rausmachen“ – einfach in einer direkten, aber freundlichen Weise, wertschätzend und sachlich. Man muss ja auch nicht jeden mögen, das erwartet ja auch niemand. Aber eine grundlegende Akzeptanz sollte schon da sein.
Jeder möchte was Eigenes haben und dieses so weit wie möglich nach vorne bringen, das ist ja auch verständlich, aber ich würde mir wünschen, dass man trotzdem noch versucht, sich auch netzwerkübergreifend zu vernetzen. Man muss sich nicht gerade befreunden, aber trotzdem sollte man freundlich zueinander sein und die Chancen nutzen, die das bringt. Bei entsprechender Offenheit für einen gemeinsamen Austausch kann man so viel voneinander profitieren, das bringt alle gemeinsam und jeden für sich weiter. Vielleicht ist das jetzt etwas zu viel verlangt – wie gesagt, das würde ich mir wünschen. Aber es würde ja sogar schon ausreichen, wenn man sich ignoriert. Es geht ja nur darum, dass man sich nicht gegenseitig runtermacht oder zerstört, sondern dass man sich von mir aus aus dem Weg geht, aber zumindest mal akzeptiert, dass der andere nun mal da ist. Dann sind die einen Leute halt im einen Netzwerk und die anderen Leute im anderen, soll sich doch jeder selbst aussuchen, es gibt sicher in allen seine Vor- und Nachteile und jeder Mensch ist nun mal anders. Aber diese Grundakzeptanz sollte einfach da sein und dass ist für mich wirklich unverständlich, dass selbst unter Menschen mit Behinderung dieser Neid und dieses Mobbing da sind, obwohl doch sicher jeder schon mal die Erfahrung gemacht hat, wie es ist, von nichtbehinderten Menschen blamiert o. Ä. zu werden. Wir wollen doch alle das Gleiche: Wir wollen uns austauschen, Kontakte knüpfen, für andere Menschen die Welt ein Stückchen besser machen. Wir haben verschiedene Angebote und dann soll der User entscheiden, wo er hin möchte (wir müssen immer bedenken: Wir tun das alles nicht nur für uns, sondern vor allem für die anderen). Es nützt niemanden, wenn in irgendwelchen Gruppen der Streit ausbricht oder sich ein völlig unerfahrener Blogautor endlich traut, seinen ersten Artikel zu veröffentlichen und dafür Spott und Hohn als Anerkennung bekommt. Das ist höchstens ein guter Weg, um das Vertrauen eines Menschen in sich selbst zu missbrauchen.
Ich denke, niemand möchte, dass man mit ihnen so umgeht, aber manche nutzen das leider aus, um einen anderen Menschen schlechtzumachen und alles, was sie vielleicht gemacht oder aufgebaut haben, ins Negative zu ziehen oder zu zerstören. Ich kann in keinen Menschen hineinschauen und ja, man hört und liest es oft und viele interessiert das überhaupt nicht, aber ich möchte Euch ans Herz legen: Versucht, die Menschen um Euch herum auch etwas zu verstehen, warum sie etwas tun, mit den Menschen das Gespräch zu suchen, wenn es Streit gibt, sie darauf hinzuweisen, wenn Ihr etwas anders seht, ihnen Eure Hilfe anzubieten, und das in so einer Art zu sagen, dass es passt und dass sich die anderen nicht angegriffen oder verletzt fühlen. Jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen, aber wenn jeder Mensch etwas achtsamer mit anderen agiert, dann würde es auch nicht so viel Hass und Neid in der Welt der Handicaps geben. Vergesst nicht: Wir sind alle Menschen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Jeder hat schon negative Erfahrungen gemacht, Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung, sei es aufgrund von Blindheit, Hörschädigung oder etwas anderes, erlebt. Aber jeder hat auch seine Stärken, jeder ist wertvoll, und jeder soll so akzeptiert werden, wie er ist.