Gut vernetzt – soziale Netzwerke in der Blindenwelt

Facebook, Twitter, Instagram – soziale Netzwerke, sei es im digitalen oder aber auch im analogen Kontext, entstehen immer dort, wo sich Menschen zusammenschließen, um sich auszutauschen. Dabei sind sie meistens für alle, die mitmachen möchten, offen. Bei uns in der Blindenwelt gibt es digitale Gemeinschaften, die sich diese Möglichkeiten zunutze machen.

Auch ich hatte den Wunsch, einen Rahmen für gegenseitigen Kontakt und Austausch zu schaffen und habe deshalb „Cap4free“ gegründet. In unseren zahlreichen Whatsapp- und Facebook-Gruppen kann man sich über die verschiedensten Themen unterhalten, von Technik über Musik und Literatur bis hin zu unseren Hilfsmittel-, Führhund- und LPF-Gruppen für unsere blinden und sehbehinderten Mitglieder ist alles dabei. Besonders bei Cap4free ist der „offene Blog“. Hier ist nicht nur jedes Thema erlaubt, sondern es kann auch jede/r mitmachen. Dazu sendet man seinen Text einfach per Mail an info@cap4free.de und wir stellen ihn unter Angabe des Namens des Verfassers online. Das macht das Veröffentlichen von eigenen Beiträgen gerade auch für Einsteiger besonders einfach und es entsteht mit der Zeit eine bunte Artikelsammlung. Zudem gibt es noch den Hilfsmittel-Blog, der sich auf die Vorstellung von Blinden- und Sehbehindertenhilfsmitteln und Erfahrungsberichte über den Umgang mit diesen spezialisiert.

Das Betreiben eines eigenen Netzwerks ist mit viel Aufwand verbunden, aber ich habe nicht zuletzt dadurch gelernt, dass es sich lohnt, für das, was einem wichtig ist, einzustehen und sich zu engagieren. Zu beobachten, wie man sich auf diesem Wege vernetzen und auch einander helfen kann, erfüllt mich mit großer Freude und Dankbarkeit.

Was mir hingegen nicht gefällt, ist der Starke Konkurrenzkampf in der Netzwerkszene für Blinde und Sehbehinderte. Ja, wir sind eine Gemeinschaft, in der irgendwie jeder jeden kennt, und sei es über zig Ecken, aber gerade unter den Betreibern solch digital-sozialer Angebote dominieren immer wieder Eifersucht und Neid. Wenn man dieses Konkurrenzdenken endlich mal aus der Welt schaffen könnte, so stelle ich es mir vor, könnte man diese verschiedenen Netzwerke bündeln und in ein großes Angebot für viele Menschen verwandeln. Leider ist das in unserer Gesellschaft nicht möglich, weil viele eben dieses Konkurrenzdenken haben, was mir nicht gefällt. Ich gebe zu, ich war vor einigen Jahren genauso, aber durch eine schwere Krise wurden mir die Augen geöffnet und da habe ich für mich beschlossen, diesen Konkurrenzkampf nicht mehr mitzutragen und versuche stattdessen, die verschiedenen Parteien an einen Tisch zu bekommen.

Nicht alles ist also rosig, wenn mehr und mehr Leute die Vorteile der Kommunikation entdecken und sich darauf basierend etwas eigenes aufbauen. Trotzdem sind solche Initiativen heutzutage von großer Bedeutung, gerade für uns Blinde und Sehbehinderte, die ja oft nicht in der gleichen Stadt wohnen. Cap4free ist damals mit vier Leuten gestartet und wie ein Baum gewachsen. Natürlich gibt es auch innerhalb eines Netzwerks Streitereien und Teamkollegen, die irgendwo schon Freunde geworden sind, werden plötzlich zu Feinden. Meist überwiegen aber doch Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis. Nur durch die unterschiedlichen Interessen konnte unsere Themenvielfalt entstehen, nur durch erfahrene Blog-Betreiber konnten wir unsere Website aufbauen. Ich selbst habe mir in den vergangenen Jahren mühevoll viel technisches Wissen angeeignet, um die Homepage verwalten zu können, und Organisationsgeschick und soziale Kompetenzen trainiert man bei der Arbeit im Team ganz nebenher.

Trotzdem ist für mich eines klar: Ein Netzwerk sollte jedem und jeder einen Platz zum Austauschen geben und einen Raum schaffen, in den er/sie sich mit eigenen Erfahrungen, Stärken und Fähigkeiten einbringen kann. Ein Netzwerk macht nur dann Sinn, wenn es gut verwaltet wird und den Bedürfnissen und Anregungen seiner Mitglieder gerecht wird. Nur dann entsteht ein Miteinander auf Augenhöhe, ein guter Austausch, ein sozialer Ort, an dem sich alle wohlfühlen.